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Version PvdL13754
Entstehungstheorien zu Pidgin und Creol
monogenetisch historische Ansätze
die Seefahrerjargon-Theorie
Diese Theorie besagt, da� oft Seefahrer unterschiedlichster Nationen die
europäischen Handelsschiffe bevölkerten und daher eine Sprache für sich
"entwickelt" hatten, um sich dennoch verständigen zu können. Diese sei
ursächlich für alle Pidgins und Creols. Eine solche Theorie läßt sich
jedoch nicht beweisen.
Wichtige Vertreter: Reinecke (1937), Hall (1966), Hancock (1976)
die Pidgin-Portugisisch-Hypothese
Diese Theorie besagt, da� die meisten (oder alle) europäischbasierten Pidgins
monogenetisch über eine gemeinsame Grammatik von einem Pidgin-Portugisch ableitbar seien,
welches entlang der Küste Westafrikas im 15. Jh. entstanden sei.
Vertreter: Thomson (1961), McWorther (1995a, 1997a),
Bickerton (1998)
polygenetisch Ansätze
zur Rolle des Substrats
- Substratisten vertreten die Auffassung, die Entwicklung von Pidgin und Creol sei auf Substrate
Afrikanischer Sprachen zurückzuführen.
- Universalisten meinen, allgemeine Gesetze oder Tendenzen der Sprachevolution seinen dafür
verantwortlich.
- Die Substrattheorie habe sich zur Erklärung von Sprachkontaktphänomene zwischen
als nützlich erwiesen. (LINCOM-Autor)
- Substratischer Einfluß dürfe mit Sicherheit für Sprachgemeinschaften
wie dem Balkan, Indien und Ethiopien angenommen werden. (LINCOM-Autor)
- Krio (Sierra Leone und Gambia) sei ein eindeutiges Beispiel substratischen Einflusses.
(LINCOM-Autor)
- Indigene Pidgins seien zweifellos substratisch geprägt:
Es ist dies eine englischbasierte Creolsprache, in Sierra Leone heimisch, deren Grammatik
offenbar auf ein Substrat zurückgeht, das nigerianische Kwa (Niger-Congo).
soziohistorischer Ansatz
Quintessenz: Pidgin und Creol sind voneinander unabhängig!
Während Pidgins sehr individuelle und kontextgebundene L�sungen komunikativer
Probleme in vielsprachigen Situationen darstellten, seien Creols stabile, aus Substandartversionen
europäischer Sprachen entstandene, Varietäten expatriierter Sprechergemeinschaften.
Chaudensen (1995):
- Es gebe keine allgemeincreolischen Züge, welche sich von der jeweiligen Gebersprache
unterschieden und zugleich Creols verschiedenen Ursprungs gemein seien.
- Die frühesten historischen Zeugnisse aus europäischen Kolonien zeigten keinerlei Spuren,
welche für die Existenz von Pidgins spräche, auf welche zukünftige Creols
zurück zu führen wären.
- Der einzige Anknüpfungspunkt von Creols an Pidgins und Ursprung des "Mythos"
ihrer genetischen Beziehung sei offenbar die Tatsache, daß beide von einer Restrukturierung
ihrer gemeinsamen Gebersprachen herrührten, nämlich den Kolonialsprachen.
Dieser Ansatz erkläre, so Chaudenson (1995), auch das fehlen spanischbasierter Creols, obwohl
jahrhundertelang und weltweit Spanier in der selben Epoche und unter den selben sozioökonomischen
Bedingungen über Kolonien beherrschten.
LINCOM-Hypothese A
Wenigstens ein Teil der typischsten Charakteristiken von Creols gehen auf Pidgins
zurück.
LINCOM-Hypothese B
Während der Entstehung und Entwicklung von Creols formten gewisse universelle
Tendenzen (Optimierung, Reduktion, etc.) deren Charakter, ungeachtet des unterschiedlichen
lexikalischen Materials, welches zur Verfügung stand.
monogenetisch universalistische Ansätze
Kleinkind- vs. Ausländersprache
Kleinkindsprache: Sklaven hätten, aufgrund fehlender Intimität u.ä.
die Sprache ihrer Herren nur unzureichend erlernen können und daher eine Sprache entwickelt,
welche dem Sprachverhelten von Kleinkindern gleiche ("Kleinkind-Pidgin"):
- überwiegend lexikalische und wenige bis keine grammatischen Wörter
- simplifizierte, d.h. übergeneralisierte Grammatik (keine Ausnahmen)
Vertreter: Hugo Schuchardt
Ausländersprache: Die Herren haben in einer bewußt vereinfachten Version
ihrer Sprache zu ihren Sklaven gesprochen, nämlich so wie man mit Ausländern spricht:
"Du gehen Touristinformation -- dort Hile gut!"
Vertreter: Dirk C. Hesseling
die Bioprogramm-Hypothese
Pidgins könnten für die die Entstehung von Creols nicht ursächlich sein,
außer im Zusammenspiel mit einem angeborenen Bioprogramm, welches die fehlenden Strukturen
erzeuge. Soll heißen: Pidgins sind offensichtlich viel zu defizitär, als daß eine
in jeder Hinsicht voll funktionstüchtige Sprache, wie ein Creol, daraus entstehen kann.
Wenn man jedoch davon ausgeht, daß der Mensch über Anlagen verfügt, welche diesen
Mangel ausgleichen, schließt sich diese "Lücke". Es sind jene Anlagen gemeint
welche unseren Vorfahren vor vielen Jahrtausenden die Entwicklung einer Sprache ermöglichten.
Vertreter: Bickerton (1974)
Quellen: LINCOM Textbooks in Linguistics (2001) & Todd, Loreto: "Pidgins and Creols"
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